Vielfach werden unter dem Begriff Pflanzenschutzmittel (PSM) vor allem chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verstanden. Durch die wachsende Bedeutung des Biolandbaus und des damit verbundenen wachsenden Marktes, gibt es aber auch im Bereich der biologischen PSM ein zunehmendes Angebot. PSM werden eingesetzt, um Pflanzen vor Schädlingen, Krankheiten oder konkurrierenden Pflanzen zu schützen. Damit soll der Ertrag und die Qualität von Futter- und Lebensmitteln gesichert und gesteigert werden. Sie wirken aber nicht nur auf Schadorganismen, sondern können auch unerwünschte negative Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt haben. Umso wichtiger ist es, die Möglichkeiten der integrierten Produktion auszuschöpfen und beim Einsatz von PSM auf eine korrekte Handhabung und Anwendung zu achten. Dies geht von Empfehlungen zur Beschaffenheit von Befüll- und Waschplätzen, korrekter Reinigung von Pflanzenschutzspritzen zu Reduktion von Drift und Abschwemmung bis zum Schutz des Anwendenden.
Die aktuelle Liste der in der Schweiz zugelassenen PSM ist das Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLV.
Wichtiger Aspekt bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist neben der erfolgreichen Behandlung auch der Anwenderschutz. Über die WebApp ist es schnell und einfach möglich, die benötigte Schutzausrüstung für das jeweilige Produkt auszuwählen. Alles rund um den Anwenderschutz, ist auch auf der Seite zum Schutz der Gesundheit zu finden.
Biologische Pflanzenschutzmittel
Auch im Biolandbau werden Pflanzenschutzmittel eingesetzt, um die Kulturen gesund zu erhalten. Die zugelassenen Mittel gehen aus der vom FiBL publizierten Betriebsmittelliste für den biologischen Landbau in der Schweiz hervor. Beispielsweise hat Kupfer eine vorbeugende (protektive) Wirkung gegenüber verschiedenen Schadpilzen. Produkte auf der Basis des Tonminerals Kaolin können eine repellente Wirkung gegenüber bestimmten Schadinsekten im Obstbau haben. Zunehmend werden auch im konventionellen Anbau Bio-Pflanzenschutzmittel eingesetzt.
Aspekte einer erfolgreichen Behandlung
Es ist im eigenen Interesse von Anwenderinnen und Anwendern, dass Pflanzenschutzmittel mit hoher Effizienz auf die Zielfläche aufgebracht werden und dort verbleiben. Dies trägt zu einem guten Wirkungsgrad der Behandlung bei und es werden Belastungen der Umwelt vermieden. Im Folgenden werden die verschiedenen Aspekte (Produkt, Zeitpunkt, Applikation), die für die Verwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln nach guter landwirtschaftlicher Praxis beitragen, genauer beschrieben.
Produkt
Eine gute Übersicht über die zugelassenen Produkte für den Feldbau mit allen Informationen zu Wirkungsspektrum und Einsatzbedingungen finden sich in der Publikation Mittelheft – Pflanzenschutzmittel im Feldbau. Dort finden sich Informationen zum Wirkungsspektrum, Resistenzgruppe, Wirkstoff, notwendiger persönlicher Schutzausrüstung, Formulierung, Aufwandmengen und weiteren wichtigen Informationen. Vergleichbare Informationen für den Obstbau finden sich in den «Pflanzenschutzempfehlungen für den Erwerbsobstbau», die jährlich von Agroscope aktualisiert werden. Analog bestehen diese Dokumente von Agroscope auch für den Weinbau.
Resistenzen
Um Wirkstoffe in ihrer Wirksamkeit zu erhalten, ist es wichtig, auf die Resistenzgruppe und die maximale Anzahl an Applikationen pro Jahr zu achten. Es gibt Produkte verschiedener Hersteller mit unterschiedlichen Namen, die aber den gleichen Wirkmechanismus haben. Eine Übersicht und Erklärung zu den Wirkmechanismen von Herbiziden findet auf der Webseite von Agroscope. Vom Ackerfuchsschwanz und Windhalm gibt es bereits Populationen in der Schweiz, die Herbizidresistenzen entwickelt haben (Herbizidresistenz-Karten).
Die Problematik von Resistenzen betrifft neben Herbiziden genauso Insektizide und Fungizide. In den sogenannten Resistance Action Committees arbeiten verschiedene Unternehmen der chemischen Industrie in dem Bemühen zusammen, Empfehlungen zur Vermeidung bzw. Bewältigung der Resistenz gegenüber den Produkten der jeweiligen Produktkategorien bereitzustellen, d.h. für Herbizide im Herbicide Resistance Action Committee (HRAC), für Insektizide im Insecticide Resistance Action Committee (IRAC) und für Fungizide im Fungicide Resistance Action Committee (FRAC). Eine Übersicht zu den relevanten Faktoren zum Resistenzmanagement sowie zur Klassifizierung und Wirkungsweise von Pflanzenschutzmitteln finden sich in den folgenden Videos.
Zeitpunkt
Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel haben gewisse Zeitfenster für ihre Anwendung, in denen sie eine gute Wirksamkeit entfalten können. Um diese Einsatzfenster entsprechend zu treffen, ist es notwendig, dass die Flächen bonitiert und Schaderreger korrekt angesprochen werden. So ist es möglich, die Behandlungsentscheidung auf der Grundlage von Bekämpfungsschwellen durchzuführen.
Applikation
Die Applikation hat zahlreiche verschiedene Stellschrauben, die optimiert werden können. Nur, wenn das Pflanzenschutzmittel in der ausreichenden Dosierung auch die Zielfläche erreicht, kann es seine Wirkung entfalten. Die Vermeidung von Abdrift und Abschwemmung dient dabei nicht nur dem Umweltschutz, sondern insbesondere auch den Bewirtschaftenden, indem die erforderliche Wirkstoffmenge auf der Zielfläche ankommt. Abdrift ist dabei stark abhängig von physikalischen Grössen, die stark vom Wetter beeinflusst werden. So sollten diese Bedingungen eingehalten werden:
- Windgeschwindigkeiten < 5 m/s (idealerweise < 3 m/s)
- Temperaturen zwischen 8-25 °C
- Relative Luftfeuchtigkeit bei ca. 60 % oder höher
In vielen Fällen ist bereits mit einfachen Mitteln das korrekte Einschätzen der Bedingungen möglich. Die Temperatur ist hierbei die einfachste Grösse, da diese vom Thermometer abgelesen werden kann. Hat man selbst kein Windmessgerät, dann bietet die folgende Tabelle Anhaltspunkte zur Windgeschwindigkeit.
Nicht nur eine geringe Windgeschwindigkeit verbessert den Spritzerfolg, sondern auch eine angemessene Fahrgeschwindigkeit. Eine Geschwindigkeit von 8 km/h sollte möglichst nicht überschritten werden. Höhere Fahrgeschwindigkeiten fördern Verwirbelungen, die sich negativ auf die Anhaftung des Produktes auswirken können.
Die Luftfeuchtigkeit lässt sich mit einem Hygrometer einschätzen. Eine geringe Luftfeuchtigkeit bedeutet, dass die Luft sehr aufnahmefähig für Wasser ist. Folglich verdunstet auch das Wasser aus der Spritzbrühe schneller. Je nach Tropfengrösse kann hier schon eine beträchtliche Verdunstung von der Düse bis zur Zielfläche auftreten. Daneben sind aber auch die Pflanzen selber bei einer relativen Luftfeuchtigkeit unter 60 % weniger aufnahmefähig. Dies ist insbesondere wichtig bei sogenannten systemischen Wirkstoffen, die auf ein Eindringen in die Pflanze angewiesen sind. Bei zu hoher Luftfeuchtigkeit von mehr als 95 % relativer Luftfeuchtigkeit steigt dagegen die Gefahr, dass die Spritzbrühe von der Zielfläche abfliesst. Generell sind die Bedingungen zur Spritzung in den Morgen- und Abendstunden eher erreicht. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass nicht bei Tau gespritzt wird.
Ein Aspekt bei der Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, der oft noch zu wenig beachtet wird, sind Wassermenge und -qualität. Die empfohlene Wassermenge sollte nicht unterschritten werden. Zwar ermöglichen geringere Wassermengen höhere Flächenleistungen je Stunde, allerdings kann sich dies negativ auf die Belagsbildung und damit auf die Wirksamkeit auswirken. Bei der Wasserqualität sollten Wasserhärte und pH-Wert beachtet werden. Eine gute Übersicht hierzu findet sich auf der Website des Strickhof. Der Einsatz von den richtigen Formulierungen bzw. Hilfsstoffen kann dazu beitragen, die Oberflächenspannung der Spritzbrühe zu optimieren. Tropfen rollen so weniger von der Blattfläche ab und haften besser an.
Düsenwahl und Applikationstechnik
Die Wahl der richtigen Düse kommt eine grosse Bedeutung zu. Bei Profi-Geräten kommen vermehrt Düsenstöcke zum Einsatz, die mit mehreren Düsen bestückt werden können. So ist der Wechsel zwischen verschiedenen Düsen einfach und es kann gut auf verschiedene Situationen reagiert werden.
Die Düsen mit der besten Abdriftminderung sind derzeit Injektordüsen. Diese haben eine Öffnung, über die Luft nach dem Venturi-Prinzip angesaugt wird und dadurch den Anteil an Feintropfen verringern. Die Düsen produzieren in der Regel insgesamt grössere Tropfen als Standarddüsen. Im Ackerbau haben sich im Vergleich von Standarddüse zu Injektordüse keine Unterschiede in der Wirkung gezeigt. Massgeblich für die Einstufung als «abdriftmindernd» sind die Untersuchungen des Julius-Kühn-Institut in Deutschland, das die Übersicht der geprüften Düsen publiziert. in den Universaltabellen ist dort aufgeführt, in welchem Druckbereich die Abdrift reduziert ist. Grosse Tropfen haben auch den Vorteil, dass sie schwerer sind und damit einen Bestand besser durchdringen können. Im Gegenzug haben sie eine geringfügig geringere Flächenabdeckung.
Der Aufprallwinkel ist ein weiterer Aspekt, der mit der Düsenwahl beeinflusst werden kann. Eine Spezialform hierzu sind Doppelflachstrahldüsen. So wird bei einer Ährenbehandlung die Ähre nicht nur von oben, sondern auch noch von der Seite getroffen. Doppelflachstrahldüsen bieten ausserdem Vorteile bei Herbizidbehandlungen sowie speziell in den Kulturen Kartoffeln und Raps, indem sie helfen, den Spritzschatten zu verringern.
Eine weitere Düsen-Sonderform sind Dropleg-Düsen. Diese haben Vorteile, wo Tropfen einen dichten Bestand durchdringen müssen. Hier läuft die Düse direkt im Bestand und sind so ausgerichtet, dass sie insbesondere die Blatt-Unterseite benetzen. Der stehende Bestand sorgt dabei für einen zusätzlichen Windschutz und eine tendenziell höhere Luftfeuchtigkeit, was die Wirkung begünstigt. Nachteil ist die benötigte Rüstzeit für den An- und Abbau der Dropleg-Düsen.
Eine Sonderrolle bei der Applikationstechnik nimmt die Bandbehandlung ein. Der Einsatz dieser Technik ist möglich in Reihenkulturen zu Saat oder bei mechanischer Bearbeitung. Mit entsprechender Ausstattung kann auch mit der Feldspritze eine Bandbehandlung erfolgen (Parallelfahrsystem und gerade Reihen notwendig). Die Bandbehandlung kann dabei helfen, Betriebsmittel einzusparen und die Umwelt zu schonen, da weniger Fläche behandelt wird. Die Bandbehandlung wird über Produktionssystembeiträge gefördert.
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